Durch meine Humor-Kurse bin ich mir nichts, dir nichts zum Humor-Forscher geworden, und so halte ich jetzt am Freitag, 19. September 2014, am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI) einen Vortrag über Heimat und Fremdheit bei Gerhard Polt. Das ist eine ganze Strecke weit von Stefan George und Ernst Jünger entfernt, mit denen ich mich hauptsächlich beschäftige, aber man braucht ja Ausgleich …
In dem Vortrag im Rahmen der Konferenz “Komik und Migration” geht es um die Spielfilmkomödie Man spricht deutsh (mit der irregulären Schreibweise des Adjektivs im Titel), einen Film aus dem Jahre 1988. Er ist eine schöne humoristische Fallstudie zum Thema Deutsche im Ausland. Gerhard Polt, Hauptdarsteller und maßgeblich am Drehbuch beteiligt, zeigt eine Reihe deutscher, vor allem bayerischer Touristen an einem italienischen Strand. Ihre Gesprächsthemen, Umgangsformen und Handlungsweisen und eine ganze Reihe von Dingen (Bier, Zeitung, ADAC-Materialien) stammen aus Deutschland. Deshalb wird die Auseinandersetzung mit den einheimischen Italienern zum Problem; oder umgekehrt: Da die bayerischen Touristen die Andersartigkeit der als homogene Gruppe wahrgenommenen Italiener von vornherein als problematisch empfinden, tun sie alles, um sicherzustellen, dass sie zumindest alles Gute an ihrem eigenen gewohnten Lebensstil auch im Urlaub erhalten können.
Die einzelnen Episoden des Films sind verknüpft (oder unterbrochen) durch Traumsequenzen, in denen die Touristen ein anderes Italien als das des Strandes erleben. Die Wunschvorstellungen erweisen sich einerseits als anziehend, andererseits aber, durch ihre prononcierte Fremdheit, wiederum als problematisch. Auch hier misslingt also die Auseinandersetzung mit dem Fremden.
Der Titel des Films zitiert ein Hinweisschild des Strandrestaurants im Film, bezieht also den Zuschauer in die innerfilmisch verhandelte Konfliktsituation mit ein. Zugleich macht er Fragen nach Gruppenbildung und Gruppendefinition sowie ideale und tatsächliche soziale Beziehungen zwischen Gruppen explizit als Thema des Werks kenntlich.
Mein Vortrag vollzieht nach, wie sich die verschiedenen Charaktere im Film einzelnen Gruppen zuordnen und wie sie andere Gruppen wahrnehmen. „Deutsh“ wird also einerseits als Chiffre für eine Haltung der italienischen Einheimischen gelesen und andererseits als möglicherweise verunglückte Selbstpositionierung der deutschen Touristen in einem Land, dessen Eigenart auszublenden sie sich unablässig bemühen.
Ich bin gespannt auf die Tagung, auf ihre Organisatorin Halyna Leontiy und auf alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer!