Mein Thema für die DSA 2015 Braunschweig ist “Übersetzbarkeit”. Mit Jens Berger biete ich einen Kurs an, der auf folgenden Überlegungen beruht: Ob aus einer interkulturellen Begegnung etwas wird, hängt meistens von den Sprachkompetenzen der Beteiligten ab. Wer die Äußerungen seines Gegenübers nicht richtig auffassen kann, stellt soziale, wirtschaftliche und politische Beziehungen auf eine wackelige Grundlage. Übersetzungssoftware und die Kommunikation durch Bilder ändern kaum etwas daran, dass der Mensch Verständnisleistungen (also Übersetzungen zwischen Sprachen und auch innerhalb von Sprachen) selbst durchführen muss, wenn sie verantwortliches Handeln anleiten sollen, und dass er sich in der Welt in erster Linie sprachlich zurechtfindet.
Sprach- und Übersetzungstheoretiker haben lange vermutet, dass man bestimmte Dinge nur in bestimmten Sprachen ausdrücken kann und in anderen nicht (was ein großes Problem für die interkulturelle Kommunikation wäre) und dass man gerade das, was an einer sprachlichen Äußerung schön ist, nicht übersetzen kann (»Poetry is what is lost in translation«). Auch das wäre für den interkulturellen Austausch ein Problem, da ästhetische Fragen für das Zusammenleben von Menschen keineswegs trivial sind. Beide Vermutungen sind inzwischen kaum noch haltbar, aber alternative Theorien sind keineswegs ausgereift.
Parallel zu dieser Umorientierung stellen viele Kritiker das Konzept der Interkulturalität selbst in Frage, weil weder klar ist, was eine »Kultur« ist, noch wo dieses »Inter« eigentlich sein soll.
Zusammen mit Jens Berger gebe ich also ab morgen (23. Juli 2015) einen Kurs in Hartmut Rosas Deutscher Schülerakademie in Braunschweig. Der Kurs beschäftigt sich mit Theorien zur Übersetzbarkeit sprachlicher Äußerungen. Um diese angehen zu können, werden erst einmal Theorien zur Natur sprachlicher Äußerungen überhaupt untersucht. Dann werden sie in Kommunikationsmodelle eingeordnet, bei denen nicht irgendein großer »Kultur«-Begriff im Vordergrund steht, sondern die individuelle Verstehensleistungmit ihren jeweiligen Voraussetzungen und in ihrer jeweiligen Offenheit. Auf der Basis dieser hermeneutischen und sprachwissenschaftlichen Arbeit wird die Frage nach der Interkulturalität neu gestellt. Es werden die wichtigsten Theorien zur Übersetzbarkeit und zur Relevanz von Übersetzbarkeit an praktischen Fragen überprüft.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten durch den Kurs einen geschärften Blick für die Spielräume sprachlichen Handelns.
Und jetzt und zumal nach dem letzten Jahr: Vorfreude!