Interview im PR-Journal (Sondernewsletter) mit den Geschäftsführern der Forschungsgesellschaft Nimirum, Anja Mutschler und Dr. Christophe Fricker, zum Outsourcing von Forschung
Agenturen kennen Sie für den Pitchsupport oder einen Claimcheck, Unternehmen nutzen Sie eher für unabhängige Studien oder Experten-Audits – das sind doch zwei recht verschiedene Anwendungsfälle. Wie passt das zusammen?
Anja Mutschler: Digitalität verändert unser Informationsverhalten: Wir haben eine gewisse Erwartung an Wissen, sind gewohnt, dass alles auf einen Klick, also schnell verfügbar ist. Und wir sind konfrontiert mit einer Armee von Wissensträgern, die sich ungefragt äußern und die nicht mehr den früher üblichen Filter durchlaufen. Kurzum: Ich finde zwar vieles, aber um zu wissen, ob es richtig ist, muss ich dann doch wieder relativ viel Aufwand betreiben.
Dr. Christophe Fricker: Und dies ist, um hier einmal einzuhaken, nicht unbedingt leichter geworden. Die letztlich entscheidenden Quellen sind nach wie vor unter Verschluss. Experten, die ein verlässliches Urteil abgeben können, sind nach wie vor schwer greifbar. Und, ganz wichtig, weil es einer Legende des digitalen Informationszeitalter widerspricht: Es gibt einfach nur zu einem Bruchteil aller Fragen überhaupt gesicherte Daten. Im Normalfall muss Wissen erst erarbeitet werden – entweder weil noch niemand die Informationen recherchiert hat oder weil überhaupt noch niemand die Frage gestellt hat.
Haben Sie ein Beispiel?
Fricker: Viele! Nehmen Sie die typische Agentursituation: Ein Kunde hat eine Anfrage, und das Projektteam sucht nach Mitteln, sich, wie es so schön heißt, schnell „aufzuschlauen“. Die Erwartung der Vorgesetzten an die Projektmitarbeiter ist nicht selten, dass man da ein bisschen recherchiert, und schon kann man beurteilen wie etwa der Markt für Ventilatoren sich entwickeln wird. Das ist natürlich Unsinn. Experte zu sein, hat schon immer lange gedauert und ist in der heutigen Welt der Wissensvielfalt überhaupt nicht einfacher geworden, sondern schwerer.
Mutschler: Eine Erfahrung, die wir zum Beispiel immer wieder machen, sind die zunehmenden Interdependenzen zwischen verschiedenen Branchen: Wie sich das lokale Angebot an Bezahldienstleistern in einem Land entwickelt, hängt direkt mit dem Menschenbild einer Gesellschaft zusammen. Dass beispielsweise die Schweden zu den Vorreitern eines – im deutschen Sinne – gläsernen Verbrauchers zählen und dafür enorm avantgardistische Bezahlsysteme anbieten, hätte ich nicht gedacht.
Aber Sie kennen in solchen Fällen dann jemanden, der das weiß? Ist das im Kern Ihr Geschäftsversprechen: diejenigen zu finden, die sich wirklich auskennen?
Mutschler: So ließe sich das sagen. Natürlich stehen wir als Partner mit unseren Auftraggebern bisweilen vor neuen Fischteichen, also Feldern, in denen wir noch neu sind. Aber wenn diese aktuell spannend sind, machen wir uns dort ans Fischen und sind in der Regel wesentlich schneller erfolgreich als andere Player.
Fricker: Eine gewisse Selbstbeschränkung gibt es dennoch: Unser Kernanliegen ist es, Themen aufzubrechen, in denen sich Veränderungsbedarf für die Menschen gibt. Das kann beim Einkaufen, bei der Arbeit oder im Privaten sein. Wir arbeiten als Unternehmen für andere Unternehmen, aber die Fragestellungen, die wir behandeln, haben immer mit dem Empfänger zu tun – dem Menschen. Besonders wichtig sind aus unserer Perspektive zurzeit folgende Felder: sozialer und ökonomischer Wandel, Mensch und Maschine – und Verbraucherbiographien.
Wie präsent sind diese Themen im Alltag Ihrer Kunden denn? Oder anders gefragt: Sind Sie so eine Art Krisenhelfer oder ein strategischer Wissenspartner?
Fricker: Lieber sind wir natürlich letzteres! Abgesehen davon, dass wir nicht denken, dass Wissen eine einmalige Angelegenheit ist, profitieren die Kunden am meisten von unserer Art von Wissensdienstleistung, wenn sie ihre Prozesse intern entschlacken. Wenn also nicht irgendjemand schnell irgendein Wissen oder einen Experten organisiert, sondern wenn man in der vertrauensvollen – und diskreten! – Zusammenarbeit mit uns erst einmal Bedarfe analysiert, und auch die eigenen Stärken, die vielleicht noch brachliegen und einfach anders eingebunden werden müssen. Das dauert natürlich manchmal ein bisschen.
Mutschler: Das liegt meines Erachtens auch an einer veralteten Definition von Outsourcing: Etwas outzusourcen bedeutet für viele, dass sie mit etwas nichts zu tun haben wollen. Und natürlich haben wir die Prozesse so optimiert, dass unser Auftraggeber schnell ein Gefühl der Entlastung spürt. Was wir bieten, ist aber eine komplexe Dienstleistung, und es ist besser, sie als Weg zu definieren, etwas Neues zu erfahren. Unsere Ergebnisse sind auf unseren Auftraggeber zugeschnitten, im besten Fall eben auch mit ihm zusammen erarbeitet, und sie kommen am besten und effektivsten zum Tragen, wenn Neugier in Projekten und Prozessen wirklich gefördert wird.
Das geht natürlich nicht im Krisenfall …
Mutschler: Ehrlich gesagt sind Krisen im Ergebnis fast immer mangelnder Vorbereitung geschuldet. Unser Ansatz ist es immer, Krisen zu vermeiden. Wir raten auch mal von einem möglichen Weg ab oder unterstreichen die Notwendigkeit, die Situation genauer unter die Lupe zu nehmen, bevor man reinspringt. Ein positiver Aspekt der digitalen Wissensgesellschaft ist doch, dass Richtig und Falsch nicht mehr hermetisch definiert werden können. Ich entscheide mich in der Regel aus vielen Möglichkeiten für die situativ beste.
Fricker: Und diese individuelle Handlungsempfehlung von Nimirum hat sich zu einem echten Asset entwickelt. Das kommt im Kleinen vor, etwa beim Pitchsupport, bei dem wir kommunikative Maßnahmen ausloten. Oder bei einem Branchen- oder Trendreport, in dem wir aus einer Gesamtbeschau auch Empfehlungen fürs Neugeschäft oder Markterweiterungen geben. Und bei den großen Studien, in denen wir qualitative Benchmarkings geben. Das Ganze bieten wir übrigens bis Jahresende mit einem Rabatt an: 10% auf alle Leistungen.
Das war jetzt aber Werbung!
Mutschler (lacht): Ja, das muss auch mal sein.
Danke für das Gespräch.