Geben wir es doch mal zu: Die meisten aktuellen Lyrik-Rezensionen sind ziemlich langweilig. Woran liegt das eigentlich? Meine Theorie: Rezensenten geben ungern zu, dass sie den Autor kennen. In der Welt der Gegenwartslyrik rezensiert man aber kaum ein Buch von jemanden, den man nicht kennt. Dafür ist der Betrieb zu klein. Die Folge sind Texte, die um Nüchternheit bemüht sind, weil sie nicht parteiisch sein wollen.
Es lohnt sich aber, für manche Gedichtbände Partei zu ergreifen — und für die Autoren gleich mit!
Wir sollten nicht so tun, als würden wir einander nicht kennen. Weder als Autoren noch als Rezensenten. Was die Autorenseite angeht, habe ich durch meinen alten Kampf für das lyrische Du und das lyrische Dich schon umgetan. Jetzt kommt die Rezensentenseite. Wie kann man als Rezensent mithelfen, Lyrik und Lyriker aus der Isolation zu holen?
Man schreibt Briefe. Ich werde also Briefe schreiben. Jeden Monat einen, ganz öffentlich und ganz vertraut, zu einem Lyrikband eines Freundes.
Am 1. Oktober 2015 geht’s los, “Dichterbriefe” auf dem Blog der Zeitschrift DAS GEDICHT. Eine Mischung aus Offenen Briefen zu Lyrik und Gesellschaft, bewusst parteiischen Lyrik-Rezensionen und vertrautem Austausch soll es werden.
Antwortbriefe sind herzlich willkommen!
Hier die offizielle Ankündigung der Dichterbriefe von DAS GEDICHT: “Christophe Fricker schreibt jeweils am 1. des Monats einem Dichterfreund, dessen Buch er gerade gelesen hat. Die Texte sind eine Mischung aus Offenem Brief zu Lyrik und Gesellschaft, bewusst parteiischer Rezension und vertrautem Austausch. Und damit hoffentlich auch weniger langweilig als Rezensionen, die ihre eigene Voreingenommenheit vertuschen.”