Die Debatte um die Verflechtung von Wissenschaft und Wirtschaft darf nicht dazu führen, Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen unter den Generalverdacht der Unredlichkeit zu stellen. Die von Transparency International mitgetragene Webseite hochschulwatch.de veröffentlichte gestern Informationen zu über 10.000 als kritisch eingestuften Verbindungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Als Inhaber des Wissensdienstleisters NIMIRUM arbeite ich seit 2010 daran, Kooperationsprojekte in Gang zu bringen und zu moderieren.

Denn Wissenschaftler und Unternehmer können beide gewinnen, wenn sie zusammenarbeiten. Der Begriff „Verflechtung“ wird den vielfältigen Formen der Zusammenarbeit nicht ausreichend gerecht. Besonders Geistes- und Sozialwissenschaftler sagen, dass Kooperationen sie in ihrer Forschung vorangebracht haben. Und Unternehmer schätzen gerade die unabhängige Expertise, die sie in hierarchischen Betrieben oft nicht erhalten.

Was wir brauchen, sind vermittelnde, lösungsorientierte und auf die Stärken aller Beteiligten aufbauende Kooperationen zwischen Wissenschaftlern und Unternehmern. Hier müssen wir über  Prozesse und Strukturen sprechen, aber erst einmal auch über Wertschätzung. Feindbilder und immer neue Abgrenzungen führen in die Isolation.

Mit dem Kooperationsexperten Timothy J. Senior habe ich Grundlagen einer „Humanities Economy“ entwickelt, die die Zeitschrift Common Knowledge im März vorstellen wird.

In Großbritannien gehört die Zusammenarbeit von Universitäten mit anderen gesellschaftlichen Akteuren seit fünf Jahren für jedes Institut zum Pflichtprogramm. Die Debatte um wissenschaftlichen „Impact“ werde hier offener geführt als in Deutschland. Besonders wichtig ist dabei der Begriff der Wertschätzung, denn er setzt sich kritisch mit der Annahme auseinander, dass jede Art von Gespräch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft dubios und jede Zusammenarbeit eine unzulässige Vereinnahmung von Wissenschaft bedeutet. Dies ist irreführend. Denn Untersuchungen haben ergeben, dass unabhängig moderierte Kooperationen gerade auch fachlich und gesellschaftlich herausragende Ergebnisse lieferten.

Die Debatte um Wissenstransfer und Kooperationen in Deutschland muss sich fortentwickeln.