Ein Gedicht zum Abschied, zum tränenreichen Abschied von der Deutschen Schülerakademie Braunschweig 2014-1, wo Jens und ich die letzten drei Wochen in wunderbarer Gesellschaft mit Euch verbringen durften.

Wo seid ihr?
Es gibt euch.
Ihr seid nur nicht hier.

Wir kennen einander,
wir waren zusammen.
Wir waren beinahe wie ihr.

Ihr seid nun
woanders.
Wo seid ihr
so anders?

Wir sind noch wie hier.

NB: Die AKL war zusammen abendessen, und es war ziemlich einsam. Lasst uns bloß nicht wieder so im Stich!

PS: Inzwischen haben auch wir Akademie- und Kursleitende uns in alle Winde zerstreut. Leicht war’s auch nicht. Wie Dörte so schön sagte: “Ab heut morgen um 9 wird zurückgeheult.”

Wie lernt man eigentlich so, dass man dann ein Gedicht zum Abschied schreibt?

Also PPS noch ein Gedanke dazu, was in den letzten Wochen eigentlich passiert ist, jetzt mal ganz prosaisch:

Die Deutsche Schülerakademie ist in der Lage, Schülerinnen und Schüler anzusprechen, die aufgrund gewisser Begabungen von ihren Eltern, Lehrern und Mitschülern teils gefördert, teils unter schädlichen Druck gesetzt werden. Man könnte meinen, Hochbegabte erhielten grundsätzlich die Aufmerksamkeit und Förderung, die sie verdienten, und hätten dadurch die Möglichkeit, sich ihren Wünschen und Fähigkeiten gemäß zu entfalten. Erfahrungen an Universitäten, die im internationalen Vergleich sehr gut abschneiden (Oxford, Duke), und nun auch an der Deutschen Schülerakademie legen den Schluss nahe, dass dies in der Regel nicht der Fall ist und dass Institutionen wie die genannten Universitäten und die DSA aufgrund ihrer relativ guten personellen, finanziellen und intellektuellen Möglichkeiten eine besondere Verantwortung tragen, die Defizite anderer Akteure aufzufangen.

Das beginnt mit etwas ganz Einfachem. Hochbegabte werden selten gefragt, was sie eigentlich gern tun. Ihr Umfeld sieht die Begabung und beginnt, ihnen zu erzählen, was sie tun müssen – um ihr Potenzial zu erfüllen, um sich Optionen offenzuhalten, um den Ansprüchen fremder Leute oder abstrakter Einrichtungen zu genügen. Sie werden selten gefragt, was ihnen Spaß macht. Das wird ihnen oft erst bewusst, wenn man sie denn fragt.

Und weil das alles so schön war, ist mein Gedicht zum Abschied so seelenvoll geworden …

Mehr Gedichte:

Gedichte über Freundschaft, Gedichte über FreiheitChristophe Fricker: Meet Your Party

Gedichte über Freundschaft und Freiheitin einer Welt, in der wir allzu oft allein sein und immer schon einbezogen in Machtkämpfe, die wir kaum erkennen. Die 49 Gedichte erscheinen auf Deutsch und auf Englisch. Viele beziehen sich auf Menschen und Orte in Kanada, den USA und England. Am Schluss des Buches stehen sieben düstere Gedichte über Untergänge, das Scheitern, den Schiffbruch, inspiriert von Werken Anselm Kiefers.

Tom Nolan hat alles übersetzt, Timothy J. Senior hat das Buch illustriert. Die Gedichte sind von mir, stehen aber in der Schuld von Freunden und Fremden an vielen Orten.

Christophe Fricker
Meet Your Party
Gedichte / Poems
Übersetzung: Tom Nolan
Illustration: Timothy J. Senior

Dresden: Edition Azur
120 Seiten, 17,90 EUR

ISBN: 978-3-942375-17-7